Die polnischen Vertreibungs-Dekrete
Worum es geht
/ Von Markus Leuschner

Triumphierend wird aus Polen mitgeteilt, die Dekrete und „Gesetze“, mit denen die polnischen Kommunisten 1944-46 die Annektion Ostdeutschlands sowie die entschädigungslose Enteignung und Zwangsausweisung der deutschen Zivilbevölkerung aus den Oder-Neiße-Gebieten „regelten“, seien längst schon außer Kraft. Deshalb könne man diese Frage überhaupt nicht mit den - von tschechischer Seite nicht nur nicht bestrittenen, sondern durch einstimmigen Parlamentsbeschluß bekräftigten - Benesch-Dekreten nicht vergleichen. Das stimmt sogar. Die meisten volkspolnischen antideutschen Normen der Kriegs- und Nachkriegszeit sind im Laufe der Jahre - einige erst in den 80er Jahren aufgehoben worden. Nachdem sie ihren Zweck, ein von allem Deutschen ethnisch gesäubertes Ostdeutschland zu schaffen, erfüllt hatten. Und was soll das bedeuten? Die bewußten Normen waren ein Regelwerk zur Exekution eines von vornherein völkerrechtswidrigen Großverbrechens und per se illegal. Der Hinweis auf die Normierung eines Verbrechens per Dekret oder Beschluß nimmt der Tat selber ihren verbrecherischen Charakter nicht. Auch der Hinweis auf das Potsdamer Protokoll trifft nicht. All die Zwangsausweisungen Deutscher „regelnden“ Bestimmungen des Protokolls sind gleichermaßen von vornherein illegal - unabhängig davon, daß die Umsiedlung nicht auf „humane Weise“ vonstatten ging, sondern brutalstmöglich und unter Mißachtung aller menschenrechtlicher Mindeststandards. Das Potsdamer Protokoll rechtfertigt gar nichts, was schon in sich und auch in seiner Zeit gegen jedes Recht verstieß. Auch von der Wannsee-Konferenz gibt es ein Protokoll. Es geht nicht um Fortgeltung oder Aufhebung irgendwelcher eo ipso illegaler Bestimmungen, sondern um die Aufarbeitung der in die Gegenwart wirkenden Folgen ihrer Umsetzung. Das Unrecht der Vertreibung ist nicht getilgt durch die Feststellung, daß die für sie geschaffenen Exekutivnormen heute formell nicht mehr gelten. Die alberne Fixierung auf Normen, von denen die KZ-Wächter von Lamsdorf, Potulitz oder Schwientochlowitz sowieso keine Ahnung gehabt haben dürften, die ihren sitten- und rechtswidrigen Sinn längst erfüllt haben, lenkt ab von dem eigentlichen Problem: Die Vertreibung war ein allen Rechtsmaßstäben widerstrebendes Unrecht und harrt der ideellen und materiellen Wiedergutmachung - sofern sie überhaupt noch möglich ist. Nur darum geht es.

(Aus Deutsche Umschau Juli 2002)

Dekret vom 8. März 1946 über das verlassene und ehemals deutsche Vermögen
(Dz. U.R.P. Nr. 13, Pos.87.)
...
Art. 2.1.
Kraft Gesetzes geht in das Eigentum des Staates über jegliches Vermögen:
a) des Deutschen Reiches und der ehemaligen Freien Stadt Danzig
b) von Angehörigen des Deutschen Reiches und der Freien Stadt Danzig ...
c) von deutschen und Danziger juristischen Personen...
d) aller durch deutsche oder Danziger Staatsangehörige oder aber durch die deutsche oder
Danziger Verwaltung kontrollierten Gesellschaften;
e) aller zum Feinde übergelaufenen Personen
Art. 41
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündigung (19.04.1946) in Kraft. ...
Der Präsident des Landes-Nationalrates:
Boleslaw Bierut
Sonderbefehl für die deutsche Bevölkerung der Stadt Bad Salzbrunn einschließlich Ortsteil Sandberg
Laut Befehl der polnischen Regierung wird befohlen:
1. Am 14. Juli 1945 ab 6 bis 9 Uhr wird die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung stattfinden.
[Bemerkung ! Die Potsdamer Konferenz fand vom 17.07.-02.08.45 statt]
2. Die deutsche Bevölkerung wird in das Gebiet westlich des Flusses Neiße umgesiedelt.
3. Jeder Deutsche darf höchstens 20 kg Reisegepäck mitnehmen....
11. Alle Wohnungen in der Stadt müssen offen bleiben, die Wohnungs- und Hausschlüssel
müssen nach außen gesteckt werden.
Bad Salzbrunn, 14. Juli 1945, 6 Uhr
Abschnittskommandant
Zinkowski, Oberstleutnant
Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung setzte vor der Potsdamer Konferenz ein, die vom 17. Juli bis zum 02. August 1945 stattfand. Die „Sonderbefehle“ ergingen von polnischen Dienststellen und beriefen sich ausdrücklich auf Befehle der polnischen Regierung. Die Berufung auf die Potsdamer Konferenz der Siegermächte, die von polnischen Politikern gerne angeführt wird, beschreibt nur die halbe Wahrheit und ist ein untauglicher Versuch, von der eigenen Verantwortung abzulenken. Und wenn es stimmt, daß die Dekrete bereits aufgehoben worden seien, was zuletzt der polnische Historiker Wlodzimierz Borodziej behauptete, ist immer noch zu fragen, welche rechtlichen Auswirkungen daß auf die deutschen Vertriebenen hat. Bisher haben sie von der Aufhebung jedenfalls nichts bemerkt. Polnische Vertreibungs und Enteignungsdekrete

(Aus Deutsche Umschau Juli 2002)

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